Ich tue mich schwer mit dem Begriff Hypnobirthing. Als ich ihn das erste Mal hörte, war ich ziemlich irritiert und mehr als skeptisch. Hypnose war in meiner Vorstellung ein Zustand von Fremdbestimmung - sofort hatte ich Bilder von TV-Shows im Kopf, bei denen Menschen wie ferngesteuert auf allen vieren und bellend wie ein Hund über die Bühne laufen oder ähnliches. Und Geburt unter Hypnose klang für mich als sehr bodenständige Person doch eher abgefahren.
Nach einem Blick in das Buch von Mary Mongan lernte ich jedoch schnell dazu und fand heraus, dass die Grundsätze des amerikanischen Programms mit meinen damaligen Kursinhalten (Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung für Schwangerschaft & Geburt) übereinstimmten und diese noch ergänzten und so absolvierte ich die Kursleiterausbildung. Nach einigem Üben der Techniken erlebte ich einige Monate später eine sehr schöne, vergleichsweise entspannte und sehr intuitive Geburt. Die Techniken und Übungen aus dem Programm haben mich dabei zwar unterstützt aber ich war dennoch verunsichert: Denn die Geburt meines Sohnes war so ganz anders als die Geburten in den ganzen HypnoBirthing Videos, Berichten von HypnoBirthing Mamis und dem Bild von Geburt, was im Kurs vermittelt wird.
Ich erlebte die Geburt meines Sohnes weder als schmerzfrei noch als ruhig oder sanft (ich war sogar sehr laut, sagt mein Mann;) aber dennoch habe ich sie als toll erlebt - so toll, dass ich es jederzeit wieder machen würde. Die mehr als 500 Frauen, die in den letzten Jahren in meinen Kursen auf ihre Geburt vorbereiten durften bestätigen mich in meiner Ansicht:
Geburt muss nicht leise, schnell und auch nicht schmerzfrei sein - all das sind nicht die Faktoren, die eine Geburt als gut ausmachen. Wichtig ist, dass
- Du als Gebärende Dich sicher und geborgen fühlst
- Du ein Gespür für Dich und Deinen Körper hast und
- Du die Möglichkeit hast, den Impulsen Deines Körpers nachzugehen
An welchem Ort und mit welchen Menschen das ist, ist ganz individuell und es liegt an Dir, herauszufinden, wo der richtige Platz für Dich ist um Dein Baby zu gebären. Das kann in der Klinik, im Geburtshaus oder zuhause sein. Das Entscheidende ist, dass Du Dich während der Geburt zu jederzeit von den Menschen um Dich herum ernst genommen fühlst und verstehst, was passiert.
Die Hebammen, mit denen ich mich unterhalte berichteten manchmal von "Hypnobirthing" Müttern, die mit der Vorstellung in den Kreißsaal kommen, dass die Geburt schmerzfrei, schnell und wie in Trance ablaufen würde. Sie sind teilweise richtig vorprogrammiert und lehnen nicht selten auch jede Form von medizinischer Betreuung ab. Diese Paare haben manchmal ein Bild von Geburt im Kopf, was zwar nicht unbedingt unrealistisch ist, was jedoch sehr eingeschränkt ist.
Denn Geburt ist soviel mehr als in den Hypnobirthing Kursen oft vermittelt wird. Es gibt die leisen, die lauten, die weinenden, die lachenden, die angespannten und die entspannten Mütter - und alle machen es so gut sie können und nichts davon ist grundsätzlich falsch. Und deshalb finde ich es nicht vertretbar, dass Frauen in vielen Kursen regelrecht darauf programmiert werden, dass nur eine sanfte, entspannte, schnelle und möglichst schmerzarme Geburt das Ziel sei - und nicht selten wird dann auch suggeriert, dass das medizinisches Personal diesem Ziel mehr oder weniger im Wege stehen würde. (Deswegen habe ich mein eigenes Konzept entwickelt: Starke Geburt®)
Du kannst Dich also wunderbar mit den Techniken des Hypnobirthings auf die Geburt Deines Babys vorbereiten. Aber bleibe dabei immer offen und flexibel und versteife Dich nicht auf eine bestimmte Art der Geburt. Denn es gibt keine "Hypnobirthing Geburt" sondern nur die eine Geburt Deines Babys, die immer individuell und einzigartig ist.
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